Leipziger Schwäche in der Königsdisziplin
An Argumenten mangelte es den Profis von RB Leipzig wahrlich nicht. Der Gegner - in diesem Fall der FSV Mainz 05 - habe sich nur hinten reingestellt, der Torwart seinen besten Tag der Saison erwischt und der Schiedsrichter einen klaren Elfmeter nicht gegeben. Das mag nach dem 0:0 gegen den Abstiegskandidaten aus Mainz alles stimmen, doch letztlich beantwortet es die Frage nicht, warum man bei den Sachsen immer wieder dasselbe Thema hat: die enorm mangelhafte Chancenverwertung.
Zwölf Eckbälle, 63 Prozent Ballbesitz, 23 Torschüsse und ein xG-Wert von durch die Qualität der Chancen erwartbaren Tore von 2,94. Rein statistisch hätte Leipzig mindestens 3:0 gewinnen müssen, doch am Ende des Osterwochenendes hatte sich der Rückstand der fünftplatzierten Leipziger auf Rang vier auf drei Punkte vergrößert. Das Erreichen der Champions League - so etwas wie das Mindestziel der Saison - wird eine immer größere Herausforderung.
Heimspiel gegen Dortmund als Hoffnung
Und der mit dieser Situation keinesfalls glückliche Trainer Marco Rose stellt die Qualitätsfrage. Einen tief stehenden Gegner wie Mainz zu bespielen, sei eben «die Königsdisziplin». Im Umkehrschluss bedeutet dies momentan, dass man die Königsklasse nicht erreichen kann, wenn man die Königsdisziplin eben nicht beherrsche.
Noch hat Leipzig sieben Spiele und das direkte Duell mit Borussia Dortmund, um auf Platz vier zu klettern. Daran klammerte sich auch David Raum bei Sky. «Wir haben alles in der eigenen Hand. Dortmund muss noch zu uns ins Stadion kommen, wir haben dort gewonnen. Sie haben auch noch ein paar andere Brocken vor sich», sagte der Nationalspieler.
55 Großchancen - kein Tor
Dortmund empfängt noch Stuttgart und Leverkusen, ist zudem noch in der Champions League vertreten. Dagegen hat Leipzig keine Englischen Wochen mehr und kann sich ganz auf das Training fokussieren. Und eine Länderspielpause kommt den Sachsen auch nicht mehr dazwischen. In den vergangenen beiden Wochen hatte Rose lediglich vier Spieler zur Verfügung.
Der Trainer muss den Chancenwucher seiner Schützlinge in den Griff bekommen, sonst wird auch er am Ende der Saison automatisch zur Debatte stehen. In dieser Saison hat Leipzig bisher 55 Großchancen ungenutzt gelassen. Schlechter ist in dieser Statistik nur der ebenfalls unter seinem Potenzial bleibende Rekordmeister Bayern München mit gleich 73. «Das zieht sich durch die Saison durch. Es ist ja nicht das erste Mal», sagte Mittelfeldspieler Xaver Schlager.
Das Verpassen der Champions League wäre für Leipzig ein vielschichtiges Horror-Szenario. Im neuen Format der Königsklasse gibt es zwei Gruppenspiele mehr und damit zehn Prozent höhere Einnahmen. Gegenüber Spielern wie Dani Olmo, dem ohne Option geliehenen Xavi Simons oder Lois Openda hätte man wenig Argumente, ein weiteres Jahr in Leipzig zu bleiben. Auch bei den Neuzugängen müsste man in andere Regale greifen, sowohl aufgrund mangelnder Attraktivität als auch durch fehlendes Budget. Der Druck ist gewaltig.
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