Ein Sarg mit der Aufschrift «Achtung! Covid-19»., © Felix Kästle/dpa/Archivbild
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Lebenserwartung in Thüringen besonders stark gesunken

17.08.2022

Die durchschnittliche Lebenserwartung von Neugeborenen ist in Thüringen während der Corona-Wellen im vergangenen Jahr so stark zurückgegangen wie in keinem anderen Bundesland. Für 2021 geborene Jungen lag sie um gut 1,6 Jahre und für Mädchen um rund 1,2 Jahre unter der des Vor-Pandemie-Jahres 2019, wie aus Daten des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BIB)hervorgeht. «In der Betrachtung zwischen 2019 und 2021 haben die südlichen Regionen Ostdeutschlands die stärksten Rückgänge verzeichnet», erklärte Markus Sauerberg vom BIB am Mittwoch in Wiesbaden.

Ein 2021 in Thüringen geborener Junge kann demnach statistisch rund 76,1 Jahre alt werden - für 2019 geborene Jungen lag die Lebenserwartung bei rund 77,7 Jahren. Mädchen, die 2021 zur Welt kamen, können mit einer Lebenserwartung von 82,1 Jahren rechnen. Bei Mädchen des Geburtsjahrgangs 2019 sind es rund 83,3 Jahre.

Eine sinkende Lebenserwartung von mehr als einem Jahr ist nach Einschätzung der Experten außerhalb von Kriegszeiten sehr ungewöhnlich. «Rückgänge in dieser Größenordnung wurden letztmals zum Ende der DDR verzeichnet», erklärte der Forschungsdirektor am Bundesinstitut, Sebastian Klüsener. Thüringen gehörte 2021 neben Sachsen und Sachsen-Anhalt zu den von der Pandemie besonders schwer betroffenen Bundesländern. Vor allem die Delta-Variante des Corona-Virus führte zu schweren Erkrankungen und vielen Todesfällen.

Dabei seien nicht nur Lebensjahre bei älteren Menschen verloren gegangen, erläuterte Sauerberg. «Bei Männern trug auch eine erhöhte Sterblichkeit im mittleren Alter zwischen 45 und 70 Jahren erheblich zu dieser Entwicklung bei.» Das Thüringer Landesamt für Statistik hatte kürzlich darauf hingewiesen, dass dadurch die Steigerungen bei der Lebenserwartung in Thüringen in den vergangenen fünf bis sieben Jahren vorerst wieder hinfällig seien.

Bundesweit ging die Lebenserwartung für Neugeborene im vergangenen Jahr um rund 0,6 Jahre (Jungen) beziehungsweise rund 0,4 Jahre (Mädchen) zurück. Die starken regionalen Unterschiede erklärten die Bevölkerungsforscher unter anderem mit der Infektionslage, den ergriffenen Corona-Maßnahmen und dem Verhalten der Bevölkerung. Auch die Nähe zu stark betroffenen Nachbarländern wie etwa Tschechien und Polen spiele eine Rolle.

Für die Lebenserwartung wird ermittelt, welche durchschnittliche Lebenslänge Neugeborene erreichen würden, wenn die in einem Jahr verzeichneten altersspezifischen Sterblichkeitsraten über die nächsten 115 Jahre konstant gehalten würden.

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