Der Schatten eines Kugelschreibers zeichnet sich auf einem Asylerstantrag ab., © Julian Stratenschulte/dpa/IllustrationDer Schatten eines Kugelschreibers zeichnet sich auf einem Asylerstantrag ab., © Julian Stratenschulte/dpa/Illustration
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Land nimmt wieder Flüchtlinge auf: CDU-Forderung abgelehnt

10.10.2023

Thüringen nimmt trotz der anhaltenden Überbelegung der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl wieder Geflüchtete aus dem bundesweiten Verteilsystemen auf. Die Erstaufnahmen in Hermsdorf und Eisenberg, in der seit dieser Woche erstmal auch die Registrierung von Schutzsuchenden erfolgen könne, seien beim Bundesamt für Migration angemeldet worden, sagte Staatskanzleiminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in Erfurt. Forderungen der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion nach einem «Rückführungszentrum» für abgelehnte Asylbewerber lehnte Hoff ab.

Knappe Kapazität in Eisenberg, Hermsdorf und Erfurt

Die Erstaufnahme in Suhl sei weiterhin für Neuzugänge gesperrt. Derzeit seien dort 1420 Menschen untergebracht - maximal 1400 dürfen es nach den Brandschutzbestimmungen sein. Damit würde auch den Kommunen Zeit gegeben, ihren Verpflichtungen zur Unterbringung von Geflüchteten nachzukommen, sagte Hoff.

In der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Eisenberg mit einer Kapazität von 132 Plätzen lebten zu Wochenbeginn 104 Menschen. In der 720 Plätze fassenden Außenstelle Hermsdorf waren es 540 Menschen.

Viele Städte und Kreise, darunter die Landeshauptstadt Erfurt, haben derzeit Kapazitätsprobleme, weil Gemeinschaftsunterkünfte voll sind und Wohnungen zur Unterbringung von ukrainischen Kriegsflüchtlingen fehlen. Derzeit seien noch 380 Menschen aus der Ukraine in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, teilte die Erfurter Stadtverwaltung mit. «Diese Plätze werden dringend für neuankommende Menschen benötigt», erklärte Sozialdezernentin Anke Hofmann-Domke (Linke).

Die Stadt sucht deshalb händeringend nach Privatunterkünften für ukrainische Geflüchtete. Ukraine-Flüchtlinge erhielten im Gegensatz zu Asylbewerber aus anderen Ländern Bürgergeld und könnten private Mietverträge auf dem Wohnungsmarkt abschließen.

Kritik an der Flüchtlingspolitik

Der Erfurter Migrationsbeauftragte Daniel Stassny kritisierte in einem offenen Brief an Thüringens Migrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne) jahrelange Versäumnisse der Landesregierung beim Managen der Flüchtlingsunterbringung. «Das Land hat seit der ersten Flüchtlingswelle 2015/2016 fast zehn Jahre untätig die Entwicklungen abgewartet, obwohl schon damals klar war, dass die Zahlen von Asylsuchenden nicht zurückgehen werden», heißt es in dem Schreiben, das der dpa vorliegt. «Fast zehn Jahre, in denen die Kapazitäten des Landes hätten ausgebaut werden können, ein Migrationsamt zentrale Aufgaben hätte übernehmen können.» Die Kommunen hätten ihre Hausaufgaben gemacht. «Die Kapazitäten sind aber endlich und in Erfurt erschöpft», so Stassny.

Zur Forderung der CDU-Landtagsfraktion, ein Rückführungszentrum des Landes einzurichten, in dem alle abgelehnten Asylbewerber dauerhaft untergebracht würden, sagte Hoff, dadurch würde die Zahl der Abschiebungen nicht steigen. Das zeigten die Daten der vier Bundesländer, in denen es solche Zentren gebe, darunter im Nachbarland Sachsen-Anhalt. Die Größenordnung der Abschiebungen in Sachsen-Anhalt oder Schleswig-Holstein sei etwa vergleichbar mit der in Thüringen, wo es im vergangenen Jahr 238 gewesen seien, sagte der Minister.

© dpa-infocom, dpa:231010-99-514997/3

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