Erste Handwerksbranchen spüren Kundenzurückhaltung
Angesichts steigender Inflation und Energiekrise mit hohen Preisen für Gas, Strom und Fernwärme spüren erste Handwerksbranchen in Thüringen einen Rückgang der Kundennachfrage. Das gilt nach Einschätzung der zuständigen Innungen etwa für Bäckereien sowie Friseur- und Kosmetiksalons. Auch im Bauhandwerk mit bisher prall gefüllten Auftragsbüchern gebe es erste Anzeichen für einen Auftragsrückgang, sagte der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Erfurt, Thomas Malcherek, auf Anfrage. «Generell ist das Stimmungsbild in den Betrieben sehr eingetrübt.»
Manuela Lohse, Geschäftsführerin des Landesinnungsverbandes für das Bäckerhandwerk, spricht von einem «beginnenden Sparverhalten» bei Kunden. Diese reduzierten den Umfang ihrer Einkäufe, kauften etwa weniger Brötchen und Kuchen. «Zwischendurch zu jedem Kaffee ein Stück Kuchen, das machen die Leute weniger.» Andere zögen für den Kauf von Backwaren die Supermärkte vor. Der Innungsverband vertritt 116 Mitgliedsbetriebe in Thüringen, das ist nach Verbandsangaben etwa ein Drittel der Bäckereien im Freistaat.
Auch Friseure spüren, dass viele Menschen angesichts der allgemeinen Preisentwicklung ihr Geld stärker zusammenhalten. «Seit das Thema Gaspreiserhöhung diskutiert wird, reagieren die Kunden», sagte Sven Heubel, Landesinnungsmeister der Friseure in Thüringen und Sachsen-Anhalt. «Die Abstände zwischen den Friseurterminen werden verlängert, teilweise wird auf bestimmte Leistungen, etwa das Färben, verzichtet.» Dabei kämpften die Geschäfte ohnehin noch mit den Folgen der Corona-Pandemie.
«Noch heute liegen die Umsätze um 20 Prozent unter dem Niveau vor Corona», so Heubel. Die Energiekrise werde diese Einbußen noch verschärfen. Erste Friseur- und Kosmetikgeschäfte hätten bereits signalisiert, nicht mehr durchhalten zu können und zum Jahresende zu schließen.
Im Bauhandwerk sind nach Angaben von Thomas Malcherek bereits Rückgänge bei Aufträgen für Neubauten als Folge gestiegener Baupreise und höherer Bauzinsen zu beobachten. «Ab dem zweiten, spätestens dritten Quartal 2023 dürfte das massiv werden.» Bei Sanierung und Ausbau von Häusern sei die Auftragslage aber noch gut.
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